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Aber das. Immerhin das. Das kann ich.

Aber das. Immerhin das. Das kann ich.

072078130128An Tagen, an denen ich denke, dass ich nichts, aber auch wirklich gar nichts zustande bringe, dass nichts klappt und überhaupt alle anderen Menschen auf dieser Welt schöner, klüger, erfolgreicher sind und souveräner durchmarschieren durch dieses Leben. An Tagen, an denen ich vergesse, dass ein halbwegs anständiger Mensch zu sein schon eine Lebensleistung an sich ist, da hilft die Küche. Nicht, dass dort nicht auch einiges schief ginge. Die Überreste des Schokoladenkuchenteigs, der sich noch heute in den Holzritzen des Küchenbodens finden lässt, erinnern mich daran. Aber es geht auch manches gut. Das liefert dann eine “instant gratification”, wie es die Psychologen nennen und mir das Gefühl in der persönlichen Erfolgsbilanz wenigstens etwas aufweisen zu können. Allerdings sollte man sich an Versagensgetränkten Tagen nicht aufmachen mit dem Ziel die französische Haute Cuisine zu bezwingen. Eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben, liefert allerdings auch nicht das Gefühl etwas erreicht zu haben, sondern verschlimmert mitunter noch alles. In Zeiten, in denen jeder zum Fernsehkoch avanciert, den Tag mit grünen Smoothies beginnt oder wenigstens das Gemüse selbst anbaut, reicht es bei einem selbst nur für Glutamat-durchtränkte Fertiggerichte. Das will keiner. Das ist nicht Ziel-fördernd.
Diese Tartelettes hingegen schon. Sie sind leicht und schnell gemacht. Machen etwas her und geben so das Gefühl wenigstens in der Küche nicht auf verlorenem Posten zu stehen.

Blätterteigtartelettes mit Ziegenkäse mit karamellisierten Zwiebeln und Thymian

* 1 Packung fertiger Blätterteig
* 2 Zwiebeln
* 1 Esslöffel Muscovadozucker
* Öl zum Anbraten
* 1 Packung Ziegenkäse
* 1 Bund Thymian
* 1 Eigelb
* Salz, Pfeffer und Honig zum Würzen

Die Zwiebeln in Ringe schneiden und in Öl leicht anbraten. Mit Zucker bestreuen, so dass sie noch karamelliger werden. Den Blätterteig ausrollen. Kreise ausstechen. Mit einer kleineren Tasse nochmals eindrücken, so dass ein schöner Rand entsteht. Mit einer Gabel den inneren Kreis einstechen, so dass der Teig keine Blasen wirft. Die Ränder mit dem Eigelb bestreichen. Je einen Löffel Ziegenkäse auf einen Blätterteigkreis geben. Zwiebelringe oben auf legen. Und mit Thymian bestreuen. Ein wenig Salz und Pfeffer ebenso.
Bei 200 Grad für zehn Minuten in den Ofen. Zum Schluss noch mit etwas Honig beträufeln.

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Während man die Zwiebeln schneidet, kann man noch ein wenig das Ungenügen des eigenen Leben beweinen. Das müssen die Zwiebeln sein.
Spätestens wenn die Tartelettes aus dem Ofen sind, sind die Tränen getrocknet und die Erkenntnis da, dass morgen auch noch ein Tag ist und vieles doch ganz gut und überhaupt: Ich kann Tartelettes backen. Und das, das lasse ich mir nicht nehmen.

View Comments (21)
  • so geht es mir auch ganz oft. ein kleines erfolgserlebnis in der küche macht wieder froh(er).

  • war das am mittwoch bei dir so? dann hatte wir das komplett parallel. leider bin ich nicht auf die schöne idee gekommen, tartelettes zu machen, aber halt dich fest: es gab auch was mit braunen champignons und thymian

  • Die Zwiebeln lösen. Ich glaube fest daran. Und etwas Honig versüßt sogar das. Und was nützt das selbstangebaute Gemüse, der grüne Smoothie, wenn es einfach so gar nicht zu einem passt, entweder im Moment oder überhaupt. Es ist gut, sich den Zwiebel- und anderen Säften hinzugeben, wenn sie gerade diese Aufmerksamkeit brauchen.

  • Du bis ganz richtig, liebe Stephanie!!! Leider sind die eigenen Maßstäbe meist die strengsten. Was mir immer hilft: Mut zur Lücke. 🙂

  • Oh, diese Tage… . Hatte ich neulich auch – und habe ein Linsen-Reisgericht gekocht. Einigermaßen einfach, aber so unendlich effektvoll. All the best!

  • Ist mir ein echtes Anliegen, Dir einmal direkt und nicht nur in Gedankenbriefen, mitzuteilen, dass Du immerhin ganz viel, ganz aussergewöhnlich gut und auf beeindruckend vielen Ebenen KANNST. Chapeau!
    Eine begeisterte Mit-Leserin Deines überaus inspirierenden Blogs.
    Merci vielmals.
    Erika aus Kopenhagen

  • Das sieht echt verdammt lecker aus und werde ich bestimmt nachkochen..und Tage wie diese haben alle…nur zeigen und schreiben es die wenigstens..liebst gegrüsst… emma

  • Danke, lieb Eni. So halb echt. Ich zeige ja nicht alles. Aber das habe ich mal gelesen:’I think I fall in love a little bit with anyone who shows me their soul. This world is so guarded and fearful. I appreciate rawness so much” Und das stimmt. Und ich glaube, dass man wenn man bloggt und teilt auch ein wenig Verantwortung hat. Auch wenn es schwer fällt Schwäche zu zeigen, mich angreifbar zu machen. Aber zwischen all dem glänzenden und aufgeräumten ein wenig Risse – das ist mir wichtig. Neben dem Selbstschutz, den ich natürlich brauche.
    Hab´es gut.

  • Ja, Selbstzweiflerin. Immer. Ständig. Und ich mag es. Weil es auch immer wieder zwingt zu hinterfragen, nachzudenken.
    Aber ich versinke nicht mehr darin. Immerhin das.

  • Danke. Zauberhaft mit ordentlichen Macken. Wie wir wahrscheinlich alle. Schöne Grüße, Stephanie

  • Die sind wunderbar! Der herrliche Duft aus dem Ofen vetreibt alle Selbstzweifel. Ich hatte keinen Ziegenkäse im Haus und habe es mit Schafskäse und Feige gemacht. Ich werde aber auch die Originalversion probieren. Einen geschmeidigen Rotwein dazu und ab auf die Couch. Mehr braucht es nicht. Da kann die Welt da draußen noch so kalt sein, im Magen und in der Seele wird es wohlig warm.

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