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Anais

Anais

_MG_8296Es gibt Dinge, die sollte man nicht tun. Den anderen vor dem ersten Treffen googeln beispielsweise. Das ist deshalb eine schlechte Idee, weil was immer auch kommt, immer ist da dieses Bild im Kopf und die Jugendsünde, die hübsche Ex-Freundin, das wilde Partybild – all dies lässt sich nicht abstellen lässt und alle schöne Unvoreingenommenheit ist dahin.

Anais Nin bitte nicht googeln. Weil da allerhand kommt und sie auch Bücher geschrieben hat, die anderen Genres zuzuordnen sind. Bei der ersten Begegnung mit ihren Tagebüchern ist aber Unvoreingenommenheit der viel bessere Ausgangspunkt für etwas, das eine lebenslange Freundschaft werden kann.
Bei mir war es nur ein Satz, den ich gelesen hatte: “Tatsächlich habe ich viel weniger Angst, seit ich mich den Ängsten stelle.” Irgendwo in den Weiten des Internets, in einem Artikel stand er und der Name dazu: Anais Nin.  Sofort habe ich ihre Tagebücher bestellt.

Und das war gut so. Denn hätte ich erst gegoogelt und die geteilten Meinungen zu ihren Büchern gelesen, bei denen nicht klar ist, was wahr, was wirklich passiert ist und was erfunden (als ob das jemals klar ist und wenn zwanzig Mal Tagebuch drauf steht). Dann hätte ich von ihren Romanen gelesen, die sehr schwülstig daherkommen und dass selbst ihre Tagebücher manchmal vor selbstgemachter Dramatik überschwappen. Ob mich die Tatsache, dass sie ein wildes Leben führte, zwei Männer liebte, von denen einer Henry Miller war, abgeschreckt hätte oder nicht, weiß ich nicht.
Aber da ich all dies nicht wusste, konnte ich einfach lesen. Die ausführlichen Seelenbeschausequenzen galant überfliegen und mich an an den Zeilen und Sätzen erfreuen, die so ehrlich, so suchend klingen, so voll Liebe zum Leben, der Suche nach Wahrheit, dem brennenden Wunsch zu entdecken und eine Leidenschaft, die ihresgleichen sucht.
Und diese Unvoreingenommenheit hat mich eine Anais Nin kennenlernen lassen, die ich nicht mehr missen möchte.
Manche Dinge sollte man nicht tun. Aber Anais Nin lesen. Das sollte man sehr.

View Comments (9)
  • das klingt als sollte ich es lesen.
    alles ausblenden, was du dazu geschrieben hast und eintauchen.
    es ist ein bisschen wir haruki murakami. entweder man liebt oder man hasst seine bücher. und manchmal sogar beides. aber es sind sollte bücher, die die wahren schätze sind in all den grauschattierungen.:)
    hab dank für den tip. ich werde ihn aufheben, bis zeit ist.

    liebgruss
    eni

  • habe ich jetzt womöglich schon zu viel gelesen über sie, hier bei dir? und ganz absichtslos über jahre immer wieder die begegnungen mit ihrem namen, der hängen bleibt, so schön ist er, und dieses hmhmichweißnichtrechtgefühl. vielleicht sollte ich ihr doch eine chance geben — oder mir? aus der bibliothek, das wäre ein risikofreier anfang.

  • Ich habe alle Tagebücher von Ihr und alle gelesen … Eine lange Zeit lang … Manchmal hat Sie es mir nicht leicht gemacht dran zu bleiben aber am Ende wurde ich immer wieder überzeugt vom Menschen hinter den Zeilen und fürs durchhalten belohnt ! Diese Tagebücher sind lebensbegleitende Bücher egal wie lange man zum lesen braucht u wie oft …sie sind immer wieder WERTvoll !

  • So ging es mir auch. Manchmal weggelegt und doch immer wieder dazu gegriffen und dazwischen Sätze entdeckt, die mich in ihrer Ehrlichkeit und Wahrheit getroffen haben.

  • das stimmt. ich hab die tagebücher auch nur (ungegoogelt) in einem antiquariat gefunden und mit gutem gefühl mitgenommen. das gefühl stimmte (was für eine bereicherung) und der tagebuchstapel wächst…
    schöner blog übrigens.

  • Das kenne ich. Bin so glücklich, Anais Bücher kennengelernt zu haben und möchte nicht mehr ohne. Ein Tagebuch habe ich noch, dann bin ich durch.
    Um wahrscheinlich wieder von vorne anzufangen.

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