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Spielarten der Wortführung

Spielarten der Wortführung

“Wie war das Gespräch?”, frage ich. “Die haben da halt so ihren Brainfuck gemacht”,sagt sie. Ich weiß genau, was sie meint. Ich habe jetzt ein Wort, wo vorher eine Lücke war. In der Sprache, nicht im Gefühl.

Wir begreifen etwas, wenn wir es benennen können.

Brainfuck. Ich wüsste keine besseres Wort für die Art der Gespräche, die bei mir immer ein ungutes Gefühl hinterlassen. Die, denen die Seele fehlt. Die, in denen einer den anderen mit Argumenten zu übertrumpfen versucht. Die, in denen es nicht ums Verstehen, sondern ums Überzeugen geht. Der Schlagabtausch, in dem das Ziel das Niederringen ist, statt die reine Freude am Auseinandersetzen. In denen das eigene Positionieren im Vordergrund steht. Die übergriffige Art mit Worten Grenzen abzustecken, in fremdes Gebiet vorzudringen. Den anderen an die Wand reden. Ich merke dann, dass ich gar nicht Gesprächspartner bin, sondern nur eine Vorlage, an der der andere sich abarbeiten kann, seine Überlegenheit demonstrieren.

Wie schade, weil es so weit weg ist von dem was ein Gespräch auch sein kann. So leer gegen das, was ein Spiel von Geben und Nehmen ist. Etwas das selbst dann fließend ist, auch wenn es stockt. Gegen das, in das man sich rein geben und rein schmeißen muss und sich berühren und anrühren lassen kann. Und dann nochmals ein Glas Wein nachschenkt.

Das hat nichts mit den Worten zu tun, die man verwendet. Ich bin vor Jahren zufällig auf einem Battlerap gelandet. Eine ganz andere Welt. Die Worte sind unter der Gürtellinie. Sehr. Aber wie dieser Wortkampf ausgetragen wird, war für mich große Sprachkunst. In einem Alter, in dem die meisten vor lauter Testosteron mit Fäusten übereinander herfallen würden, tragen sie es mit Worten aus. Es reicht nicht auf vorgefertigte Texte zurückzugreifen. Vorne liegt und gewinnen kann der, der auf das was der andere erwidert, eingeht und richtig kontert.

Wir müssen reden.
Kein Fuck, echte Liebe.

View Comment (1)
  • Für ein echtes Gespräch, einen guten Dialog braucht es ersteinmal die Kunst des Zuhörens. Nur wenn ich mich dem anderen zuwende und mit meiner Aufmerksamkeit bei ihm bin, um verstehen zu wollen, was er mir sagen will, kann ich die richtigen Antworten finden. Ich glaube, das haben die meisten verlernt oder noch nie beherrscht. Die meisten Gespräche sind doch eher Monologe, weil jeder nur seine eigenen Gedanken und Meinungen weitertragen will…schade…und sehr schön, wenn man es anders erlebt…
    So wünsche ich allen gute Gespräche und eine schöne Woche !

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