Begrüßen Sie mit mir
Auf einem Kongress wird der nächste Redner angekündigt. Anmoderiert. Da wird im Vorfeld recherchiert, die wichtigsten Stationen zusammengeschrieben und die Eckdaten gesammelt. Der Zuhörer soll sich schließlich einstellen können, soll eingestimmt werden, auf das was ihn erwartet.
Auf einer Konferenz vor zwei Tagen wurde der Vorstand einer Pharmafirma angekündigt. Da fügen sich automatisch Bilder im Kopf zusammen, in meinem zumindest. Da ist das Urteil schon gefällt, da weiß man bereits, was kommt. So eine Schublade ist auch schnell parat.
„Er ist Mensch, Philosoph und Systemiker“, so wird er auf die Bühne gebeten. Noch vieles mehr. Aber dieser erste Satz brannte sich ein bei mir.
Der Gedanke, dass das was wir gerne tun und womit wir uns viel beschäftigen uns formt, wir es verinnerlichen und wir so zum Philosophen und Systemiker werden, auch wenn wir nicht die entsprechenden Semesterscheine gesammelt haben, gefiel mir.
Und dann die schöne Bezeichnung: „Er ist ein Mensch.“ Das stand nicht auf den Moderationskarten, das ist so herausgerutscht, vielleicht achtlos, weil wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, nicht jedes Wort kontrolliert werden kann.
Da wurde kein Adjektiv vergessen. Da muss kein „intelligent“, „außergewöhnlich“ oder wenigstens „belesen“ vorangestellt werden. „Er ist ein Mensch.“ Das sind wir alle, automatisch und auch wieder nicht. Die Idee, dass in einer Welt des Handelns, Managens, Profit machens und Wirtschaftens einer darüber nicht verlernt hat, Mensch zu sein – was eine Ankündigung, was ein Titel.
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