virtuell real
Die Frage, wie viel wir zeigen, wenn wir glauben, wenig von uns zu zeigen, was zeigbar ist und was nicht, was das Ausgewählte sagt. Was scheint und was nicht, was durchscheint, anders scheint, erscheint. Über virtuell und real:
„Es gibt Erinnerungen an das Nicht-Geschehene, das Ausgeschlossene und Verworfene, den unmarked space, die unmarkierte Seite, wie die Systemtheorie sagt. Denn jede Entscheidung ist eine Unterscheidung. Vieles von dem, was wir nicht verwirklicht haben, stört unsere Lebenskreise nie mehr. Anderes begleitet uns ein Leben lang, sei es in glücklicher oder in unglücklicher Hinsicht. Das sind die virtuellen Biografien, …
…Virtuell stammt aus dem Französischen und bedeutet „fähig zu wirken“, „möglich“. …Virtuell ist also ein Vermögen, eine Kraft, die nicht physisch vorhanden ist, aber dennoch Auswirkungen hat. Virtuell wäre daher von Begriffen abzugrenzen, mit denen es vorschnell vermischt oder gleichgesetzt wird: fiktiv, fiktional, imaginär, potenziell, irreal – und nicht zu vergessen: möglich, von dem es abgeleitet, von dessen Wortbedeutung es sich aber gelöst hat. Nach Deleuze lautet der Gegenbegriff zu virtuell „aktuell“ und nicht etwas „real“. Und zwar deshalb, weil das Virtuelle durchaus reale Wirkungen, oder besser gesagt: Wirkungen in der Realität haben kann. Damit dürfte auch deutlich sein, dass virtuelle Biografien, eben aufgrund ihrer Wirkungen in der Realität, unserer Lebensrealität, gleichsam „mehr“ als nur möglich ist.“
aus: Im Wartesaal der Möglichkeiten. Lebensvarianten in der Postmoderne von Michael Lommel
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wie schön ….eine tolle Idee ! Romantic pur ……