ahnungslos
„Was wusste ich schon vom Leben, ich, der ich so vorsichtig gelebt hatte? Der weder gewonnen noch verloren hatte, sondern das Leben einfach geschehen ließ? Der die üblichen Ambitionen gehabt und sich allzu rasch damit abgefunden hatte, dass sie sich nicht erfüllten? Der Verletzungen aus dem Weg ging und das Überlebensfähigkeit nannte? Der seine Rechnungen bezahlte, sich möglichst mit jedermann gut stellte, für den Verzückung und Verzweiflung bald bloße Worte waren, die er einst in Romanen gelesen hatte? Ein Mensch, dessen Selbstvorwürfe nie wirklich schmerzhaft waren? Ja, über all das musste ich nachdenken, während ich eine besondere Art der Reue erfuhr: den Schmerz, der am Ende einem Menschen zugefügt wird, der immer zu wissen glaubte, wie man Schmerzen vermeidet – und der ihm aus ebendiesem Grund zugefügt wird.“
aus: Vom Ende einer Geschichte von Julian Barnes
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Ich glaube ja, alles Liebe!