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Ich wäre dann soweit

Ich wäre dann soweit

UnbenanntOzapft is. Das ist mein offizieller Herbst-Auftakt. Der Sommer ist vorbei, wenn ich das Dirndl aus dem Keller hole, immer hoffend, dass es bitte noch passt und die Gästematratze in den hintersten Ecken der Kammer suche, weil in diesen drei Wochen unerklärlicher Weise ein statistisch nicht zu erklärender Ausschlag an Besuchsanfragen in meinem Haus zu verbuchen ist.
Wie dem auch sei: Es ist eröffnet und ich wäre dann auch bereit für den Herbst. Mit ein paar kleinen, noch zu treffenden Vorkehrungen wie diesen:

Kaschmirpullover all over. In dem Punkt mache ich keine Kompromisse. Ich mag nichts Kratziges auf der Haut. Und Kaschmir ist so wunderschön weich. Als würde etwas einen den ganzen Tag umarmen. Mehr Kaschmir braucht die Welt. In allen Farben. Ich ergänze mein Repertoire um Grün [1].

Ab in die Küche, wenn es draußen so ungemütlich ist. Backofenlicht ist das schönste Licht. Kuchenwärme hält lange an. Und mit diesem Buch [2] gehen mir die Ideen bis zum Frühjahr nicht aus. Es gibt noch viel zu backen. Packen wir es an.

Ich besitze schon die Labtophülle von Misoui. Labtophüllen sind Alltagsgegenstände, die normalerweise in ästethischer Hinsicht so etwas von durchfallen. Irgendeiner sagt dann immer was von Funktionalität, die zählt. Aber das Auge isst doch nicht nur mit, denke ich mir dann, das arbeitet doch auch mit. Schwarze Neoprenhüllen will keiner. Die von Misoui liebe ich in jedem Fall sehr, weil sie wunderschön anzusehen ist und seitdem packe ich meinen Labtop sehr stolz und gerne aus, um ihn auf das Band beim Sicherheitscheck am Flughafen zu legen. Wenn ich ihn jetzt noch aus dieser schönen Tasche [3] holen würde, könnte mir keine Verspätung mehr etwas anhaben. Ich würde sanft über das handgefertige Leder streichen, ein paar Seiten lesen, Musik hören und mich freuen, dass ich da bin. Mache ich auch so. Aber trotzdem.

Leichte Seidenbluse. Mit denen ist es wie mit Kaschmirpullovern. Sie fühlen sich so gut an. Mehr Begründung braucht es nicht. [4

Musik. Meine aktuellen Favoriten kommen alle von einer Band: Don´t you say a word oder Leaving und I am easy (was ich auch wäre, hätte ich so jung schon so eine Stimme) und don´t give up forgiving, weil es wahr ist.

Ich weiß nicht mehr, in welchem Film es ist, aber es gibt eine Szene mit Audrey Hepburn, in der sie natürlich elegant, aber auch mit sehr viel Schwung ihren Mantel einschlägt und mit Nachdruck den Gürtel zuknotet. Dann noch einmal fest an der Schlaufe zieht. Diese Geste verleiht jedem dramatischen Abgang gleich mehr Würde. Fast schon Filmreife. Dazu bräuchte es aber einen Mantel mit Gürtel. Dieser [5] würde sich gut machen.

Kerzen angezündet, Tee gekocht und mit Büchern unter der Decke [6] verschwunden. Mehr braucht es nicht. 

Mich hat diese Nachricht sehr traurig gemacht, weil ich ihn so verehre. Den Herrn Willemsen. Eine Biographie [7] ist gerade erschienen. Zu früh, weil ich noch so viel von ihm hören, sehen, lesen möchte. Sätze wie diesen, mit denen er sich selbst beschreibt: “Ich glaube, ich war ein brütend melancholisches Kind, das sich oft in die Wiesen setzte und isolierte, ein Kind, das wegwollte: raus in die Welt und raus aus der Welt. Gleichzeitig war ich hysterisch fröhlich und entflammte gern die Mitwelt.”

Capes. Capes haben etwas. Einen Rotkäppchen-Umhang zu tragen, verleiht einem eine gewisse französische Eleganz. Capes können nur sehr aufrecht und stolz getragen werden. Sie umgeben einen mit diesem Hauch von etwas Geheimnisvollen, vielleicht weil sich unter so einem Cape ja einiges verbergen lässt [8]. Und dass das Erahnen reizvoller als das plakativ Gezeigte ist, wissen wir schon lange.

Mit diesem Rock [9] ist jeder Tag ein Fest. Ich kann ihn mit weißer Bluse im Büro tragen, aber er hält auch bis tief in die Nacht locker durch. Das nenne ich einen guten Begleiter. Und die braucht man.

C´est magnifique. [10] Was genau? Alles. Auf dieser Welt zu sein, Musik zu haben, Bücher, gute Menschen, tolles Essen, viele Möglichkeiten, ein Leben. Kann man natürlich auch anders sehen und sich ausschließlich auf das konzentrieren, was gerade nicht so passt. Aber warum sollte man? C´est magnifique. C´est tout.

Angezählt zu werden ist normalerweise keine feine Sache. In diesem Fall hier schon. 1,2,3 … 10. Ich wäre soweit.
Auf einen magnifiquen Herbst.

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