Abendstudium für ein besseres Weltverständnis
Ich habe es noch nicht ausgelesen. Aber wie sehr ich es schon jetzt mag. Leben, Denken, Schauen von Siri Huvstedt, dieser Frau, die so schön ist und mit Paul Auster verheiratet und auf diese unglaublich Weise klug. Ich lese ihre Essays, einen nach dem anderen und schüttle immer den Kopf über ihr Wissen und ihre Neugier, was sie sich angelesen und angeeignet hat, wie sie verstehen will und begreifen, so unermüdlich wissensdurstig. Das lässt mich staunen. Immer wieder. Sie schreibt über das Lesen, neun Seiten lang und ich bleibe verwundert zurück, weil sie Aspekte beleuchtet und einen Blickwinkel wählt, der mich das, was ich zu kennen und zu wissen glaubte in anderem Licht sehen lässt. Die Essays, die kleinen Geschichten handeln nicht von den großen weltpolitischen Themen, sondern von Büchern, dem Verhältnis zur Mutter, über Blumen, über Frauen und Bildung oder Migräne. Sie tut dies mit einer unglaublichen Bildung, die so selten zu finden ist heute, vielleicht weil sie Zeit braucht. Sie verbindet ihr Wissen über Kunsttheorie, Literaturwissenschaften, Psychoanalyse, Philosophie und Neurowissenschaften, verknüpft dies und auf einmal erscheinen Alltäglichkeiten und Geläufiges in neuem Licht. Der Blumenstrauß auf dem Tisch ist nicht einfach mehr nur ein Blumenstrauß. Das Buch macht einen wieder zum Vierjährigen, der bei jedem Kieselstein fragt: Warum ist das so?
Das könnte jetzt alles sehr kompliziert machen, aber das tut es nicht. Weil sie bei den hinterfragten Alltäglichkeiten nicht abgleitet. Diese Kunst, die sie beherrscht, über die schreibt sie selbst am besten. In einem der Essays zitiert sie Beer, der ein Vorwort geschrieben hat für eine Einführung zu Autopoiesis and Cognition, die ich nicht kannte, von der ich nie gehört habe und auch nie lesen werde, aber sie hat es getan und darin stehen diese Sätze über das Expertentum, das so oft anzutreffen ist in unserer Zeit, nämlich, dass „ein Mensch, der Anspruch auf Wissen über irgendein kategorisierbares Stückchen Welt, wie klein auch immer, erheben kann, Wissen, das umfangreicher ist als das von sonst jemandem über dieses Stückchen, hat ausgesorgt: der Ruft wächst, die Paranoia ebenfalls. Die Zahl der Arbeiten nimmt exponentiell zu, das Wissen infinitesimal, doch das Weltverständnis nimmt eigentlich ab, weil die Welt in Wirklichkeit ein Interaktionssystem ist.“ Siri Huvsted hat Weltverständnis, weil sie Disziplinen miteinander verknüpft, Verbindungen herstellt und damit dem, was Bildung im besten Fall sein könnte, näher kommt als sonst jemand. Und sie gibt es weiter.
Das könnte einschüchternd sein, ich könnte mich klein fühlen und schrecklich ungebildet, aber so ist es nie. Ihr Wissenshunger und Erkenntnisdurst lassen mich lesen und lesen, obwohl ich müde bin und schlafen sollte und manchem Gedanken auch gar nicht mehr folgen kann, aber egal, dann lese ich ihn am nächsten Tag nochmals. Immer mit offenem Mund und wacherem Geist.
Darüber musste ich schreiben. Ausgelesen haben werde ich es wahrscheinlich nie. Mit diesem Buch wird man nicht fertig.
Es gibt schließlich noch viel Welt zu verstehen.
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mich in die heisenbergsche unschärferelation einzulesen – das empfahl mir ein freund, als ich mich an einem mikrokosmischen mosaiksteinchen meiner masterarbeit in so unerbittlicher weise festgebissen hatte, dass mit jedem weiteren eindringen eine entwirrung immer unmöglicher wurde, eine weitere verwirrungsschlinge legte; daran haben mich die expertentumsgedanken gerade erinnert. ich mag siri hustvedt sehr. dieses buch werde ich definitiv lesen. danke.
„was ich liebte“ habe ich vor jahren ausgeliehen und nie zurückbekommen. und noch immer fehlt es mir wie ein freund, der mir abhanden gekommen ist. dank dir hab ich es jetzt gleich bestellt und das oben vorgeschlagene dazu. wie ich mich freue. danke.
Und ich danke dir für Pepe und Lolo. Wie wunderschön.
Klingt nach unbedingt-haben-wollen. Und zwar sofort. Danke!!!
All „deine“ Bücher, die von dir gelesenen meine ich, sind unbedingt-lesen-wollen-Bücher. Immer wieder. Manche lese ich selbst gerade, aber mit vielen, vielen Unterbrechungen…
Bei dir, da fühle ich mich jedes mal ein bisschen zurückversetzt, in die Zeiten, in denen ich das konnte. Das und kaum was anderes: lesen!
Jetzt geht das nicht mehr. Aber dafür so: noch ehe ich das Buch lese bin ich schon verliebt. Wegen dir. Wegen deinen Worten, die es ausdrücken, beschreiben, umschreiben, verstehen. Die es sehen und spüren. Ja, ich glaube das ist es: dein Gespür!
Hab Dank dafür. Für’s sehen und fühlen. Für’s Vorspüren und in Worte fassen. Dafür und für dich.
Kristina ♡
Liebe Kristina,
danke. Weil Deine Worte es so treffen. Ja, Bücher sind für mich oft ein Gefühl. Die Handlung nebensächlich. Letzt schrieb einer, dass meine Rezensionen gar nichts brächten, weil ich nicht beschreibe, worum es geht, aber darum geht es mir nie, sondern darum, was es bei mir hinterlässt und macht.
Danke für Deine Worte. So etwas tut gut und ist der beste Start in den Tag. Hab´es gut
Stephanie
Für mich seit ein paar Wochen mein groß geliebtes “ Häppchenbuch“.
Ich bin nicht so schlau um es in einem Rutsch zu lesen. Es wird mich lange begleiten….ist doch schön.
Liebe Stephanie,
was soll man da noch sagen…?! Wir leben einfach in einer Welt der Gefühlslegastheniker.
Du machst das, was mir bei den meisten Rezensionisten fehlt oder – anders ausgedrückt – du drückst aus was die meisten nicht tun, nicht wagen und/oder sehr wahrscheinlich nicht spüren. Das ist mutig und lässt mich oft sprachlos zurück, aber nicht wortlos, weil du mich voll gemacht hast mit (Vor-)Freude auf und über das Buch, mit Ansichten und Einsichten.
Viele Gefühle kann ich teilen, manche auch nicht. Oftmals staune ich und frage mich, wie es sein kann, dass jemand genau das beschreibt, was das Buch gerade mit mir macht.
Bei anderen kommt es bei mir nicht an, das Empfinden. Aber darum geht es nicht. Ich will neugierig bleiben, offen für das was kommt und nicht schon die Handlung detailliert beschrieben und zerissen haben. Du machst das nicht. Du spürst und fühlst. Das können wenige. Und es ist wunderbar, ganz wunderbar! Was sie nämlich immer tun, deine Texte: sie berühren mich. Immer, immer wieder. Und das will ich mir behalten.
Hab Dank dafür, einmal mehr.
Kristina ♡
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