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ganz frisch

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304Geschrieben für die Öffentlichkeit oder auch nicht. So genau ist das nicht klar. “Ich weiß nicht mehr, was darin steht, viel Krudes, so vermute ich, viel Selbstgerechtigkeiten…”, so schreibt er. Nicht gegen seinen Willen veröffentlicht, aber doch unterlag es einer Sperrfrist von zwanzig Jahren. Es liest sich anders als seine sonstigen Notizen. Diese scheinbar zufällige Alltagsbeobachtungen, die feinen Analysen – zusammenhangslos und doch ineinander verwoben und verflochten.

Während des Schreibens kam ihm eine Liebe dazwischen, die Ausgangspunkt war, für eines meiner liebsten Bücher von ihm: Montauk.
Er selbst sagt, dass sich die Hefte “nur noch mit Marianne beschäftigen, bis zum Begräbnis meiner Hoffnung, dass eine nacheheliche Freundschaft möglich sei.” Viel Politisches ist auch drin. Die DDR, wie er sie erlebt, als Schweizer, als einer, der aus dem Westen immer nur auf Durchreise ist. Und auch wenn es so ganz anders geraten ist, als all seine anderen Werke, so sind doch immer wieder einzelne Sätze darin, die mich treffen, in ihrer Direktheit und Klarheit, wie es eben nur ein Max Frisch kann.

“Sicher ist manches anders gewesen, als der Schreiber dieses Journals es erlebt; ich weiß nur: Es ist abgelebt. Und Sie wissen, was das heißt”, schreibt er über das Berliner Journal. Und vergisst dabei, dass selbst Abgelebtes niedergeschrieben von einem wie ihm, lebendiger ist als so manches das gemeinhin veröffentlicht wird.

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